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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

JAHRESKREIS
26. WOCHE - MONTAG

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der schmerz: keine erklärung, aber einen sinn

Ijob, der leidende Gerechte.
Sinn des Leidens, vom Kreuz her betrachten.
Das Kreuz Christi mittragen.

I. In einem der zweijährlich wechselnden Lesezyklen hören wir in dieser Woche Worte aus dem Buch Ijob. Der uralte Text bleibt heute so aktuell wie zu der Zeit seiner Enstehung, denn das Leid ist - damals wie heute - nicht nur eine stets präsente Wirklichkeit im Leben des Menschen, sondern auch eine Herausforderung an ihn und seinen Glauben.

Ijob war untadelig und rechtschaffen; er fürchtete Gott und mied das Böse. Er war reich an Gütern und mit einer großen Familie gesegnet. Nach damaliger Vorstellung gab es einen engen Zusammenhang zwischen Tugend und Reichtum: alles, was dem Menschen an äußeren Schicksalen begegnete, war Gottes Vergeltung: das Glück göttlicher Lohn und Segen, das Unheil Strafe. Im Falle Ijobs trägt diese Vorstellung nicht, denn er - der Gerechte - wird von schrecklichen Schicksalsschlägen heimgesucht. Es zeigt sich, daß das gerechte Walten Gottes im Schicksal der Menschen ein Geheimnis ist, das sich unserem Verstehen letztlich entzieht. Gleichzeitig gewahren wir in Ijobs Frömmigkeit eine beispielhafte Tiefe. Sie bewährt sich zur Zeit des Verhängnisses. Der Satan irrt, wenn er - durch die literarische Fiktion eines Streitgespräches mit Gott eingeführt - behauptet: Geschieht es ohne Grund, daß Ijob Gott fürchtet? Bist du es nicht der ihn, sein Haus und all das seine ringsum beschützt? (...) Aber streck nur deine Hand gegen ihn aus, und rühre an all das, was sein ist, wahrhaftig, er wird dir ins Angesicht fluchen. Ijob jedoch bleibt mitten im Verhängnis ganz dem Willen Gottes ergeben: Nackt kam ich hervor aus dem Schoß meiner Mutter; nackt kehre ich dahin zurück. Der Herr hat gegeben, der Herr hat genommen; gelobt sei der Name des Herrn. Auch eine neue, noch schrecklichere Prüfung erschüttert seinen Glauben nicht: als er von bösartigem Geschwür von der Fußsohle bis zum Scheitel heimgesucht wird, antwortet er schlicht auf die Vorwürfe seiner Frau: Nehmen wir das Gute an von Gott, sollen wir da nicht auch das Böse annehmen?4

Das Buch Ijob gehört zu den Büchern der Lehrweisheit des Alten Testaments. Es ist aber keine bloß theoretische Abrechnung mit einer unbefriedigenden Antwort auf die Frage nach dem Leiden. Es stellt uns vor konkrete Fragen. Wie reagieren wir, wenn Leiden, Schmerz oder Unglück uns oder uns nahestehende Menschen treffen? Gott ist immer der liebende Vater, sein Walten enthält immer Segen für uns. Verstehen wir es, dankbar zu bleiben - im Glück wie im Unglück, in der Fülle wie in der Not?

II. Drei Freunde Ijobs kommen von weither, um ihm ihre Anteilnahme zu bezeugen und ihn zu trösten. Als sie aber vor ihm stehen und seine erbärmliche Lage sehen, schließen sie daraus, Gott müsse den Leidenden wegen seiner Schuld verflucht haben. Denn Wohlstand sei ja der Tugend Lohn, Not der Laster Strafe. Der glatte Erklärungsversuch der Freunde steigert noch die Not des Leidenden. Innerlich zerrissen, ringt er mit sich selbst und mit der drohenden Hoffnungslosigkeit. Er ist sich keiner Schuld bewußt, er vergegenwärtigt sich die kleinen Verfehlungen in seinem Leben, die nichts anderes sind als Ausdruck menschlicher Schwäche und unmöglich von Gott mit solcher Härte bestraft werden können. Und er vergegenwärtigt sich ebenso all das Gute, das er getan hat. Seine innere Zerrissenheit bricht sich in tausend Klagen Bahn. Wie kann der gerechte Gott so ungerecht in seinem Handeln erscheinen? Diese Frage quält ihn noch mächtiger als das Unglück selbst, das über ihn hereingebrochen ist. Die Erklärungen seiner Freunde sind ihm zu flach.

Wir alle erleben solch inneren Zwiespalt, wenn Kinder leiden oder ein guter Mensch in eine ausweglose Situation gerät, während Gewissenlose Erfolge feiern und Frevler ungestraft bleiben. Wo bleibt da der gute, gerechte Gott? Ist nicht alles sinnlos, die Welt absurd?

Nur im Lichte des Glaubens weitet sich der Blick. Im Buch Ijob »stellt die Offenbarung, das Wort Gottes selbst, mit allem Freimut das Problem vom Leiden des unschuldigen Menschen: vom Leiden ohne Schuld. Ijob ist nicht bestraft worden; es gab keinen Grund, ihm eine Strafe aufzuerlegen, wenn er auch einer überaus harten Prüfung unterworfen wurde.«5 Diese Prüfung wird sein Gottvertrauen festigen. Tugend ist kein Tauschgeschäft für Wohlergehen, sondern Antwort auf die Liebe Gottes.

Das Buch Ijob ist in der Offenbarung nicht das letzte Wort zum Thema Leiden, es ist ein Fingerzeig, der auf Kommendes hinweist: »Es ist in gewisser Weise eine Andeutung der Passion Christi«, sagt Johannes Paul II.6: Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.7 Das Leiden des Sohnes ist der größte Erweis der Liebe des Vaters. Dennoch bleibt das Geheimnis, der Verstand erhält keine befriedigende Antwort, aber wir entdecken einen Sinn im Leiden und den Weg, der es zur Bereicherung werden läßt.

Denn, so sagt der Papst weiter, »mit der Passion Christi ist jedes menschliche Leiden in eine neue Situation eingetreten. Ijob hat sie gleichsam vorausgeahnt, als er sagte: >Doch ich, ich weiß: mein Erlöser lebt< (Ijob 19,25), und in einer solchen Perspektive sein eigenes Leiden gesehen, das ihm ohne die Erlösung seine volle Bedeutung nicht hätte enthüllen können. Im Kreuz Christi hat sich nicht nur die Erlösung durch das Leiden erfüllt, sondern das menschliche Leiden selbst ist dabei zugleich erlöst worden. Christus hat - frei von jeder eigenen Schuld - >das ganze Übel der Sünde< auf sich genommen.«8

Von nun an kann der leidende Mensch auf Christus schauen und seinen Prüfungen jenen Sinn geben, den sie durch das Leiden unseres Herrn erhalten haben: Erlösung.

»Darin besteht die große Revolution des Christentums: den Schmerz zu verwandeln in ein Leiden, das Frucht bringt, das Böse zu verwandeln in Gutes ... Damit haben wir dem Teufel die stärkste Waffe entwunden - und mit ihr erobern wir die Ewigkeit.«9

III. Das Leiden ist unser steter Begleiter: sei es als gegenwärtige Bedrückung, sei es als beängstigendes Omen. Es hinterläßt immer Spuren, niemals geht es folgenlos an uns vorüber. Es kann das Feuer sein, das die Seele läutert, oder der verheerende Brand, der den Geist aushöhlt; es kann uns helfen, die irdischen Güter zu relativieren, oder es kann uns in Verzweiflung stürzen; es kann die Seele mit dem göttlichen Willen enger vereinen oder sie von Gott entfernen.

Als Christen sehen wir im Leiden ein Mittragen des Kreuzes Christi. Simon von Zyrene trug das Kreuz wohl nur widerwillig. Aus dem Evangelium wissen wir, daß später seine Söhne in der Urgemeinde angesehene Christen waren; und es liegt nahe anzunehmen, daß alles durch die Begegnung ihres Vaters mit dem kreuztragenden Erlöser begann. Mag sein, daß sich sein Blick zunehmend auf den Kreuztragenden richtete. Darum soll es auch uns zu tun sein. Wenn wir weniger auf das Kreuz und mehr auf die Liebe achten, entdecken wir im Kreuz Christi den Sinn unseres Leidens. Es wird dann zu einem mit Christus gemeinsam getragenen Kreuz. Und wir ahnen, was der Apostel Paulus meinte, als er an die Kolosser schrieb: Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt. Christus hat alles für uns getan, nur eines wollte er uns selbst überlassen: das eigene Ja zu seinem Kreuz. Aus diesem Ja erwächst die neue Sicht, die Paulus von Freude im Leid sprechen läßt: Jetzt freue ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage13

Vielleicht haben wir einmal mitten im Leiden, wenn der Tod uns einen geliebten Menschen nimmt, solche Freude erfahren: nicht Freude am Leid, sondern die Freude zu entdecken, daß wir viel gelitten und geweint haben, weil unsere Liebe sehr groß war. Es käme uns wie Verrat an der Liebe vor, würden wir dann sagen: Herr, erspare mir dieses Leid. Wir sind dankbar für das Leid, für die Erschütterung, für die Tränen. Wir staunen vielleicht, daß wir so stark sind, und ahnen: dies hat mit der Nähe zum Kreuz zu tun.

Es ist dann leichter, sich die Schmerzhafte Mutter vorzustellen: »Bewundere den Starkmut der Jungfrau Maria: am Fuß des Kreuzes, in tiefem Schmerz (es gibt keinen Schmerz wie den ihren), voller Festigkeit. Bitte sie um diesen Starkmut, damit du lernst, unter dem Kreuz auszuhalten.«14

1,1. - 1,9-11. - 1,21. - 2,10. - Johannes Paul II., Apost. Schreiben Salvifici doloris, 11.2.1984, 11. - ebd. - 3,16. - Johannes Paul II., Apost. Schreiben Salvifici doloris, 11.2.1984, 19. - J.Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr.887. - vgl. 27,32. - vgl. 15,21. - 1,24. - ebd. - J.Escrivá, , Nr.508.

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