JAHRESKREIS
24. WOCHE - FREITAG
8
FRAUEN IN
DER NACHFOLGE
Im
Dienste des Herrn von Anfang an.
Die herausragende Stellung der Frau im Heilswerk.
Berufung, Selbstfindung, Nachfolge.
I. Lukas
berichtet im Evangelium der heutigen Messe:
In jener
Zeit wanderte Jesus von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf und verkündete das
Evangelium vom Reich Gottes. Die Zwölf begleiteten ihn und außerdem einige
Frauen, die er von bösen Geistern und von Krankheiten geheilt hatte: Maria
Magdalena, aus der sieben Dämonen ausgefahren waren, Johanna, die Frau des
Chuzas, eines Beamten des Herodes, Susanna und viele andere. Sie alle
unterstützten Jesus und die Jünger mit dem, was sie besaßen.
Erst bei der Kreuzigung begegnen wir diesen Frauen wieder,
die ihm seit der Zeit in Galiläa nachgefolgt waren und die alles mit ansahen.
Sie sind auch bei der Grablegung anwesend:
Die
Frauen, die mit Jesus aus Galiläa gekommen waren, gaben ihm das Geleit und sahen
zu, wie der Leichnam in das Grab gelegt wurde. Dann kehrten sie heim und
bereiteten wohlriechende Öle und Salben zu.
Es ist, als wollte der Evangelist mit dem doppelten Hinweis auf die Nachfolge
von Anfang an und bis zum Ende die unverbrüchliche Treue dieser Frauen
hervorheben, die in der Zeit der Verlassenheit und des Grauens beharrlicher und
mutiger waren als die Zwölf.
Zur Zeit
Jesu spielte die Frau eine untergeordnete Rolle. Beim Tempelbesuch gelangte sie
über den Vorhof nicht hinaus, in der Synagoge saß sie auf der Empore oder in
einem Nebenraum, und die systematische religiöse Unterweisung der Mädchen galt
für einen Rabbi als »Ausschweifung« Gespräche von Männern mit Frauen waren
verpönt, ihre Stimme war ohne Gewicht, als Zeugin galt sie nichts. Anders bei
Jesus. Der Herr stützt sich nicht nur auf die Zwölf, sondern auch auf diese
Frauen. Wir dürfen annehmen, daß er ihnen oft seine Dankbark»it gezeigt hat.
Aber der Evangelist begnügt sich mit dem Hinweis auf ihre Dienste und ihre
Aufnahmebereitschaft für das Evangelium. Johannes Paul II. hebt diesen letzten
Zug hervor: »Vom Beginn der Sendung Christi an zeigt die Frau ihm und seinem
Geheimnis gegenüber eine besondere Empfänglichkeit, die einem Wesensmerkmal
ihrer Fraulichkeit entspricht. Ferner muß gesagt werden, daß sich das besonders
beim Ostergeheimnis bestätigt, nicht nur unter dem Kreuz, sondern auch am Morgen
der Auferstehung.«4
Frauen
sind die ersten, die von der Auferstehung erfahren. »Ausgezeichnet (...) mit dem
Auftrag, die Vollendung des Erlösungswerkes Jesu Christi als erste zu verkünden,
werden ein paar in den Augen der Welt und selbst der Jünger unbedeutende Frauen!
Eben weil sie die schwächsten und geringsten Glieder der werdenden Urgemeinde
sind, soll nach Jesu Christi Willen gerade von ihnen die Heilsbotschaft
ausgehen. Eine ungeheure Hervorhebung der Frau schon im allerfrühesten Stadium
der Kirchenentstehung. Sie betont in nicht zu übertreffender Weise auch
historisch die ganz unvergleichlich herausragende Stellung der Frau im
Heilswerk, die mit der Erwählung Mariens begann und sich in den vielen
herrlichen Liebeszuwendungen Jesu zu Frauen fortgesetzt hat. Frauen sind es, die
das Liebeswerk der Beisetzung durch die Salbung des Leichnams vollenden wollen,
weil niemand so von Natur her zu den ganz schlichten unprätentiösen Werken der
Liebe begabt ist wie eine unverbildete, einfache Frau.«5
Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch
mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren.6
Vom
Anfang an leisten die Frauen einen einzigartigen Dienst bei der Ausbreitung des
Reiches Gottes. »Als erste sehen wir jene Frauen, die Christus persönlich
begegnet und ihm gefolgt waren und nach seinem Abschied zusammen mit den
Aposteln im Abendmahlssaal von Jerusalem einmütig im Gebet verharrten bis zum
Pfingsttag. An jenem Tag redete der Heilige Geist durch Söhne und Töchter des
Gottesvolkes und erfüllte so, was der Prophet Joël vorausgesagt hatte (vgl.
2,17). Jene Frauen und später noch andere hatten durch ihre Gnadengaben und
ihren vielfältigen Dienst einen aktiven und wichtigen Anteil am Leben der
Urkirche, an der Grundlegung der ersten und der nachfolgenden christlichen
Gemeinden.«7 Am Anfang der Ausbreitung des Glaubens in Europa steht Lydia, eine
Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira8, die aus ihrem Haus die, erste Keimzelle
des Glaubens in Europa machte: Kommt in mein Haus, und bleibt da, sagt sie zu
Paulus und seinen Begleitern. Auch die Samariter hatten als erste durch eine
Frau vom Messias erfahren.
Und die anderen neutestamentlichen Schriften erwähnen viele Frauen wie Lydia in
Philippi, Priska und Chloë in Korinth, Phöbe in Kenchreä, die Töchter des
Philippus von Cäsarea. Jede von ihnen gibt ein Zeugnis des Apostolates, das sich
in der scheinbaren Passivität häuslichen Daseins entfaltet.
»Die Frau
ist dazu berufen, in Familie, Gesellschaft und Kirche etwas hineinzutragen, das
nur ihr eigen ist und das nur sie zu geben vermag: feinfühlige Umsicht,
unermüdliche Großzügigkeit, Liebe für das Konkrete, Scharfsinn,
Einfühlungsvermögen, Ausdauer und eine tiefe, schlichte Frömmigkeit.«10 Die
Kirche braucht diesen Beitrag der Frauen. »Auch in unseren Tagen wird die Kirche
noch immer durch das Zeugnis zahlreicher Frauen bereichert, die ihre Berufung
zur Heiligkeit verwirklichen. Heiligmäßige Frauen sind eine Verkörperung des
weiblichen Ideals; sie sind aber auch ein Vorbild für alle Christen, ein Vorbild
der Nachfolge Christi, ein Beispiel dafür, wie die Braut die Liebe des
Bräutigams in Liebe erwidern soll.«11
III. Die
konkrete Berufung, die Gott jedem Menschen schenkt, verwirklicht sich in einem
weiten, differenzierten Zusammenhang; darin, sagt Johannes Paul II., »stellt die
Frau einen Eigenwert dar als menschliche Person und gleichzeitig als jene
konkrete Person in ihrem Frausein. Das trifft auf alle Frauen und auch auf jede
einzelne zu, unabhängig von dem kulturellen Rahmen, in dem jede sich befindet,
und unabhängig von ihren geistigen, psychischen und körperlichen Merkmalen wie
zum Beispiel Alter, Bildung, Gesundheit, Arbeit; ob sie verheiratet ist oder
ledig.«12
Der Papst
kommentiert die Worte des Zweiten Vatikanischen Konzils: »Der Mensch, der auf
Erden die einzige von Gott um ihrer selbst willen gewollte Kreatur ist, kann
sich selbst nur durch die aufrichtige Hingabe seiner selbst vollkommen finden«13
folgendermaßen: »Das gilt für jeden Menschen als nach Gottes Bild geschaffene
Person, für den Mann ebenso wie für die Frau (...). Die Frau kann sich nicht
selbst finden, wenn sie nicht den anderen ihre Liebe schenkt.«14
Berufung,
Selbstfindung, Nachfolge - so wird Leben und Schaffen der Frau »wahrhaft
konstruktiv, fruchtbar und sinnerfüllt sein, ganz gleich, ob sie nun den Tag an
der Seite ihres Mannes und ihrer Kinder verbringt oder ob sie - etwa weil sie
aus einem vornehmen Grund auf die Ehe verzichtet hat - all ihre Kräfte in den
Dienst anderer Aufgaben stellt. Wenn sie ihrer menschlichen und göttlichen
Berufung treu ist, kann und wird jede Frau auf dem ihr eigenen Weg ihre
frauliche Eigenart voll entfalten. Vergessen wir nicht, daß Maria, die Mutter
Gottes und Mutter der Menschen, uns nicht nur Vorbild ist, sondern zugleich ein
lebendiger Beweis für den überzeitlichen Wert, den ein scheinbar unbedeutendes
Leben haben kann.«15
Schauen
wir also am Ende unserer Zeit des Gebetes auf Maria. Die Frauen, die uns im
Evangelium begegnen, werden hin und wieder an der Mutter des Herrn Maß genommen
haben in ihrem Bemühen, Christus zu dienen und zur Verbreitung des Evangeliums
beizutragen.
8,1-3. -
23,49. -
23,55. -
Johannes Paul II., Apost. Schreiben
Mulieris
dignitatem,
15.8.1988, 16. -
P.Berglar,
Petrus -
Vom Fischer zum Stellvertreter,
München 1991, S.147. -
12, 26. -
Johannes Paul II. Apost. Schreiben
Mulieris
dignitatem,
15.8.1988, 27. -
16,14. -
vgl.
4,29. -
Gespräche
mit Msgr.Escrivá de Balaguer,
87. -
Johannes Paul II., Apost. Schreiben
Mulieris
dignitatem,
15.8.1988, 27. -
ebd., 29. -
II.Vat.Konz., Konst.
Gaudium
et spes,
24. -
Johannes Paul II., Apost. Schreiben
Mulieris
dignitatem,
15.8.1988, 30. -
Gespräche
mit Msgr.Escrivá de Balaguer,
87.