JAHRESKREIS
24. WOCHE - DONNERSTAG
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CHRISTUS
WÜRDIG EMPFANGEN
Jesus als
Gast der Seele.
Anbetung und Kommunionempfang verleiblichen sich in äußeren Zeichen.
Die Bedeutung der äußeren Zeichen.
I. Das
heutige Evangelium berichtet von der Begegnung Jesu mit einer stadtbekannten
Sünderin im Hause des reichen Pharisäers Simon.
Wieder einmal erfahren wir die Weite des Herzens Jesu und sein Erbarmen.
Wahrscheinlich hatte diese Frau einige Male dem predigenden Jesus zugehört.
Dabei mag sie gespürt haben, daß die Liebe, die aus ihm spricht, Abscheu vor der
Sünde weckt und den Wunsch nach Umkehr. Sie rafft sich zu einer Tat auf, deren
Kühnheit wir uns kaum vorstellen können angesichts der damaligen Rolle der Frau
im öffentlichen Leben. Die Tischgenossen müssen, was hier geschah, für peinlich,
ja ärgerniserregend gehalten haben. Sie mögen sich verwirrt angeschaut haben:
eine Frau, eine Sünderin, die jeder in der Stadt kennt, bricht alle
Konventionen.
Anders
der Herr. Ihn scheint die Beherztheit der Frau nicht zu erstaunen; was ihn
stört, ist der mangelnde Takt des Gastgebers. Auch dieser hat die Umgangsformen
nicht beachtet, aber aus anderen Gründen. Vielleicht wollte er einen gewissen
Abstand zum umstrittenen Meister demonstrieren, vielleicht hatte er den Tadel
des Herrn über die veräußerlichten Formen der Frömmigkeit mißverstanden. Wie
auch immer, er unterläßt es, dem Ehrengast das übliche Gastrecht einzuräumen.
Christus hindert die Frau nicht: sie kam
mit einem
Alabastergefäß voll wohlriechendem Öl und trat von hinten an ihn heran. Dabei
weinte sie, und ihre Tränen fielen auf seine Füße. Sie trocknete seine Füße mit
ihrem Haar, küßte sie und salbte sie mit dem Öl.
Welcher
Kontrast zu der unterkühlten Aufnahme Jesu durch den Hausherrn. Den Gästen mag
er entgangen sein, sind sie doch mit dem unerwarteten Zwischenfall beschäftigt,
den sie nur mißbilligen können. Jesus spricht daraufhin ein klärendes Wort.
Dann
wandte er sich zu der Frau und sagte zu Simon: Siehst du diese Frau? Als ich in
dein Haus kam, hast du mir kein Wasser zum Waschen der Füße gegeben, sie aber
hat ihre Tränen über meine Füße vergossen und sie mit ihrem Haar abgetrocknet.
Du hast mir zur Begrüßung keinen Kuß gegeben; sie aber hat mir, seit ich hier
bin, unaufhörlich die Füße geküßt. Du hast mir das Haar nicht mit Öl gesalbt;
sie aber hat mir mit ihrem wohlriechenden Öl die Füße gesalbt.
Der Herr gewährt nun der Frau die größte Gabe, die ein Mensch erhalten kann:
Vergebung aufgrund der Liebe:
Ihr sind
ihre vielen Sünden vergeben, weil sie mir so viel Liebe gezeigt hat. Wem aber
nur wenig vergeben wird, der zeigt auch nur wenig Liebe. Dann sagte er zu ihr:
Deine Sünden sind dir vergeben.
Jesus
beurteilt Kläger und Beklagte von Gott her; er »enthüllt dem selbstgerechten
Ankläger, was er ist: Irdisch durch und durch; eingefangen in die Unterschiede
dieser Welt; kaltherzig, hart und blind. Und Jesus macht deutlich, wo das
beurteilte Weib steht: in einer Tiefe der Reue und in einer Größe der Liebe, die
sie allem entrücken und dem Erlöser zugehörig machen.«2
II.
Als ich
in dein Haus kam, hast du mir kein Wasser zum Waschen der Füße gegeben
... Jesus kennt die Menschen. Er weiß, »daß Haltung und Gebärde nichts
Äußerliches sind. Sie können dazu werden, dann sind sie aber bereits verdorben.
In Wahrheit reicht eine Gebärde von der Hand bis ins Herz zurück, und die
Haltung des Körpers wurzelt im Innersten der Gesinnung. Haltung und Gebärde
drücken aus, was im Innern lebt, was das Herz fühlt und der Sinn meint - sie
wirken aber auch in dieses Innere hinein, geben ihm Halt, formen und erziehen
es.«3 Der Herr tadelt die Veräußerlichung des Kults, doch er liebt die Zeichen,
die Innerlichkeit ausdrücken. Deshalb ist es gut, sich zu fragen, wie unser
äußeres Verhalten ist, wenn wir ihn empfangen. An erster Stelle steht dabei die
Anbetung: Sie verleiblicht sich gleichsam in den äußeren Zeichen der
Wertschätzung: »Ähnlich wie man ein Staatsoberhaupt dieser Erde empfängt - mit
viel Pracht, viel Licht und festlicher Kleidung -, müssen wir den Herrn in der
Eucharistie empfangen - nur noch feierlicher!
Fragst du
mich, was Sauberkeit, Schmuck und Licht in diesem Fall bedeuten, so antworte ich
dir: Lauterkeit in deinen Sinnen, in jedem einzelnen, Schmuck in jedem einzelnen
deiner geistigen Vermögen und Licht in deiner ganzen Seele.«4
Die
Ganzhingabe des Herrn in der Eucharistie manifestiert nicht nur eine innere
Gesinnung. »Der Herr schenkt sich uns leibhaft. Deswegen muß auch ihm unsere
leibhaftige Antwort entsprechen. Das bedeutet vor allem, daß Eucharistie über
die Grenze des Kirchenraums hinausreichen muß, in die vielfältigen Formen des
Dienstes am Menschen und an der Welt. Es bedeutet aber auch, daß auch unsere
Frömmigkeit, unser Gebet den Ausdruck im Leib verlangt. Weil der Herr sich als
Auferstandener im Leibe gibt, müssen wir mit Seele und Leib antworten. Alle
geistigen Möglichkeiten unseres Leibes gehören notwendig zur Gestalt der
Eucharistie: Singen, Reden, Schweigen, Sitzen, Stehen, Knien (...). Knien ist
der leibhaftige Ausdruck unseres Ja zur wirklichen Gegenwart Jesu Christi, der
als Gott und Mensch, mit Leib und Seele, mit Fleisch und Blut unter uns anwesend
ist.«5
III. Die
Worte des Herrn beim Letzten Abendmahl -
Das ist mein Leib, das ist mein Blut
- »sind Ausdrücke aus der Opfersprache Israels, in der die Gaben bezeichnet
wurden, die man Gott im Tempel opferte. Wenn Jesus diese Wörter nimmt,
bezeichnet er sich selbst als das endgültige und wirkliche Opfer, in dem all
diese vergeblichen Versuche des Alten Testamentes erfüllt sind. In ihm ist das,
was darin immer gewollt war und nie sein konnte, aufgenommen. Gott will keine
Tieropfer; ihm gehört alles. Und er will keine Menschenopfer, denn er hat den
Menschen zum Leben geschaffen. Gott will Größeres: Er will die Liebe, die den
Menschen verwandelt und in der er gottfähig wird, sich Gott überläßt. Nun
erscheinen all die Hekatomben von Opfern, die im Tempel zu Jerusalem je
dargebracht worden waren, und all die Opfer die ganze Weltgeschichte hindurch,
dieses ewige vergebliche Bemühen, mit Gott gleichzuziehen, überflüssig und doch
zugleich sozusagen als Fenster, die durchschauen lassen auf das Eigentliche; als
Anläufe, die jetzt erfüllt sind. Das, was dort gemeint war: Gabe an Gott,
Einheit mit Gott - dies geschieht in Jesus Christus, in ihm, der Gott nicht
etwas
gibt, sondern
sich und darin uns.«6
Josemaría
Escrivá fragt: »Haben wir schon einmal darüber nachgedacht, wie wir uns benehmen
würden, wenn wir nur einmal in unserem Leben Christus empfangen könnten?« Er
zieht dann einige praktische Konsequenzen:
Während
meiner Kindheit war die häufige Kommunion noch nicht verbreitet. Ich erinnere
mich noch sehr gut daran, mit welcher Sorgfalt man Körper und Seele auf ihren
Empfang vorbereitete: Man zog den besten Anzug an, wusch und kämmte sich
besonders gut und gebrauchte vielleicht sogar ein wenig Parfum ...; lauter
Aufmerksamkeiten von Menschen, die es verstehen, zu lieben und feinfühlig und
stark Liebe mit Liebe zu vergelten.«7 Und der Rat Escrivás: »Geht voll Verlangen
zur Kommunion, auch wenn ihr innerlich kalt seid, auch wenn das Gefühl nicht
antwortet: Kommuniziert mit Glauben, mit Hoffnung, mit brennender Liebe.«8
Glaube:
»Einst am Kreuz verhüllte sich der Gottheit Glanz, hier ist auch verborgen deine
Menschheit ganz.«9 Hoffnung: »Laß die Schleier fallen einst in deinem Licht, daß
ich selig schaue, Herr, dein Angesicht.«10 Und eine sehnsüchtige Liebe: »Werde
gnädig Nahrung meinem Geiste du, daß er deine Wonnen koste immerzu.«11
7,36-50. -
R.Guardini,
,
Würzburg 1951, S.63. -
ders.,
Vorschule
des Betens,
Mainz 1948, S.41. -
J.Escrivá,
Im Feuer
der Schmiede,
Nr.834. -
J.Kard.Ratzinger,
Eucharistie - Mitte der Kirche,
München 1978, S.65-66. -
ebd., S.13. -
J.Escrivá,
Christus
begegnen,
91. -
ebd. -
Hymnus
Adoro te
devote.
-
ebd. -
ebd.