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Francisco Fernández-Carvajal Hablar con Dios

JAHRESKREIS
18. WOCHE - SAMSTAG

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WAS GLAUBEN VERMAG

Die Not eines ungefestigten Glaubens.
Eine große Lektion.
Ausdauerndes Beten und Opfern.

I. Das Vorspiel findet im Gewühl eines Marktplatzes statt, das Nachspiel in der Geborgenheit des Zuhause. Am Anfang bedrängt die Menschenmenge die hilflosen Jünger, am Ende sprechen sich die Jünger beim Herrn aus. Und die Mitte des Geschehens ist Jesus selbst: klagend, heilend, lehrend. Um das Ganze zu erfassen, müssen wir die knappen sieben Verse, die der Bericht des heutigen Evangeliums nach Matthäus umfaßt1, mit den Details ergänzen, die Markus - wie so oft - farbiger und ausführlicher erzählt2. Beide Evangelisten haben vorher die Verklärung berichtet. Matthäus erzählt: Als sie - nämlich Jesus und die drei Jünger, die Zeugen seiner Verklärung gewesen waren - zurückkamen, begegneten sie einer großen Zahl von Menschen. Aus dem Kreis dieser Menschen trat ein Mann auf ihn zu... Bei Markus ist die Lage spannender; denn Jesus und die Drei fanden nicht nur eine große Menschenmenge um sie - die Jünger - versammelt, sondern auch Schriftgelehrte, die mit ihnen stritten. Und - wiederum ein Detail von Markus - sobald die Leute Jesus sahen, liefen sie in großer Erregung auf ihn zu und begrüßten ihn. Was war geschehen? Da war ein Mann, den es drängte, seinen Sohn aus einem elenden Zustand befreit zu sehen. Da der Herr abwesend war, hatte er sich an dessen Vertraute gewandt - aber erfolglos. Man kann es sich gut vorstellen: eine Menge, die neugierig auf ein Spektakel hofft und dann enttäuscht ist, und die Schadenfreude der Gesetzeslehrer.

Jetzt ist der Herr da. Matthäus berichtet: der Vater fiel vor ihm auf die Knie und sagte: Herr, hab Erbarmen mit meinem Sohn! Markus holt auch hier weiter aus und berichtet vom Dialog zwischen Jesus und dem Bittsteller: Wenn du kannst, hilf uns; hab Mitleid mit uns! Und Jesus: Wenn du kannst? Alles kann, wer glaubt. Darauf der Vater des Jungen: Ich glaube; hilf meinem Unglauben!

Lassen wir diesen Ruf auf uns wirken: Worte der Not und Ratlosigkeit, der Hilfsbedürftigkeit, aber auch eines beginnenden Vertrauens. Wer kennt solche Situationen nicht, wenn Not die Routine des Alltags aufbricht? Je schwerer die Last, um so bedrückender die Ohnmacht, je tiefer die Liebe, um so tragischer die Hilflosigkeit. Der Glaube kann dies meistern. Kann Jesus, was die Jünger nicht vermochten? Der Vater des Jungen überlegt nicht lange; er setzt auf Jesu Erbarmen.

In der Not dieses Menschen spiegelt sich die Lage vieler Menschen heutzutage wider. Ihr Glaube ist unsicher, ihr Gottesbild eher abstrakt und ohne Raum für Zuwendung: »Die Mentalität von heute scheint sich vielleicht mehr als die der Vergangenheit gegen einen Gott des Erbarmens zu sträuben und neigt dazu, schon die Idee des Erbarmens aus dem Leben und aus den Herzen zu verdrängen. Das Wort und der Begriff >Erbarmen< scheinen den Menschen zu befremden, der dank eines in der Geschichte vorher nie gekannten wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts Herrscher geworden ist und sich die Erde untertan gemacht und unterjocht hat (vgl. Gen 1,28). Dieses Herrschen über die Erde, das zuweilen einseitig und oberflächlich verstanden wird, scheint für das Erbarmen keinen Raum zu lassen.«3 Wir kennen Gott als die Quelle des Erbarmens; schließen wir heute in unser Gebet auch jene ein, die in seelischer Not sind und die Reichtümer des Herzens Jesu nicht kennen.

II. Der schmerzliche Ausruf des Herrn, bevor er sich der Not des Vaters zuwendet, kommt unerwartet: Wie lange muß ich noch bei euch sein? Wie lange muß ich euch noch ertragen? »Der Ausruf ist ein erschütternder Einblick in sein Herz, das in echt menschlicher Weise seinem Schmerz Luft macht. Die Verständnislosigkeit und der ständig so schwache Glaube der Menge und auch der Jünger läßt ihn den Aufenthalt unter den Menschen fast unerträglich schwer empfinden. Was wissen wir über den ungeheuren Unterschied zwischen dem Seelenleben des Gottmenschen und dem der anderen Menschen! Von welchen Höhen galt es immer herabzusteigen, welche weiten Räume waren zu durchmessen - menschlich gesprochen, war es eine ungeheure Anstrengung, eine ständig schmerzende Seelenspannung, diese kleinliche, erbärmliche Art der Menschen zu ertragen und sich ihnen anzupassen.«4 Und doch gehörte auch dies zum Heilsplan der Menschwerdung. Jesu ganzes Leben »war ein beständiges Lehren. Die Momente des Schweigens, seine Wunder, seine Taten, sein Beten, seine Menschenliebe, seine Vorliebe für die Kleinen und Armen, die Annahme des letzten Opfers für die Erlösung der Welt am Kreuz und seine Auferstehung - dies alles macht sein Wort wirklich und wahr und vollendet seine Offenbarung.«5 Heute sehen wir den Herrn die künftigen Verkünder seiner Barmherzigkeit formen. Denn als diejünger mit Jesus allein waren, wandten sie sich an ihn und fragten: Warum konnten denn wir den Dämon nicht austreiben? Warum haben wir versagt? Die Antwort ist knapp: Weil euer Glaube so klein ist. Aber der Herr will nicht, daß die Begebenheit als die Stunde des Versagens in die persönliche Geschichte der Seinen eingeht, sondern als die Stunde einer großen Einsicht: Amen, das sage ich euch: Wenn euer Glaube auch nur so groß ist wie ein Senfkorn, dann werdet ihr zu diesem Berg sagen: Rück von hier nach dort!, und er wird wegrücken. Nichts wird euch unmöglich sein.

Berge versetzen... Der Herr verwendet hier wohl eine sprichwörtliche Wendung. Einige Kirchenväter erläutern, das Wort erfülle sich jedesmal, wenn sich jemand mit Hilfe der Gnade zu Höhen emporschwinge, die er - auf sich allein gestellt - niemals erreichen würde. Das Werk der Heiligung, das der Heilige Geist in der Seele wirkt, ist ein solcher Aufstieg. Die Gnade wirkt Wunder im Herzen des Menschen, der - von der Sünde erdrückt - sich aus der spirituellen Elendigkeit erhebt.

»>Si habueritis fidem sicut granum sinapis<. Hättet ihr einen Glauben so groß wie ein Senfkörnlein!... Welches Versprechen schließt dieser Ausruf des Meisters ein!«6 Der normale Weg der göttlichen Vorsehung ist nicht der aufsehenerregender sichtbarer Wunder, auch wenn die Geschichte des Glaubens bezeugt, daß Gott manchmal Außergewöhnliches auf der Ebene des sinnlich Wahrnehmbaren wirkt, um das Zeugnis heiligmäßiger Menschen zu bekräftigen.

Ein tiefer Glaube läßt uns in einem gewissen Sinne an der Allmacht Gottes teilhaben: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen, und er wird noch größere vollbringen, denn ich gehe zum Vater. Eine neue Dimension des Betens tut sich auf: Alles, um was ihr in meinem Namen bittet, werde ich tun, damit der Vater im Sohn verherrlicht wird. Wenn ihr mich um etwas in meinem Namen bittet, werde ich es tun.7 Immer ist der Glaube fruchtbar, wenn er in der Liebe seine Form findet: »Wir halten uns an das Wort und die Gebote Jesu; wir bleiben im Vater, der uns in Christus so sehr liebt, daß er in uns bleibt. In diesem neuen Bund gründet die Gewißheit, daß unsere Bitten erhöht werden, auf dem Gebet Jesu.«8

III. Jemand hat die Seelen mit den Metallen verglichen, deren Schmelztemperatur unterschiedlich ist. Hier bedarf es des beharrlichen Betens und Opferns, bis einer sich Gott öffnet, dort genügt ein einziges Wort. Der Evangelist Johannes erzählt, wie die Samariterin augenblicks zur Vermittlerin wird.9 Sie hatte über das, was ihr mit Jesus widerfahren war, berichtet, ihre Mitbürger horchten auf, gingen dann zu Jesus wegen der Rede der Frau und luden ihn ein, bei ihnen zu bleiben.

Manchmal müssen wir für einen Angehörigen, für einen Freund oder eine Freundin jahrelang beten und Opfer bringen, um ihn auf Christus hin zu orientieren. »Im Neuen Testament war das Wort >Heilige< eine Bezeichnung für die Christen insgesamt, die gewiß auch damals nicht alle die Qualitäten hatten, die man von einem kanonisierten Heiligen verlangt. Aber in solcher Benennnung kam zum Ausdruck, daß sie alle berufen waren, mit ihrer Erfahrung des auferstandenen Herrn zu einem Bezugspunkt für die anderen zu werden, der sie mit Jesu Schau des lebendigen Gottes in Berührung bringen konnte. Das gilt auch heute: Ein Gläubiger, der sich vom Glauben der Kirche formen und führen läßt, sollte in all seinen Schwächen und Schwierigkeiten ein Fenster sein für das Licht des lebendigen Gottes, und wenn er wahrhaft glaubt, ist er es auch. Gegen die Kräfte, die die Wahrheit niederhalten, gegen diese Mauer aus Vorurteilen, die uns den Ausblick auf Gott versperrt, sollte der Gläubige eine Gegenkraft sein. Ein beginnender Glaube sollte sich an ihn sozusagen anlehnen können.«10

Diese Art kann nur durch Gebet ausgetrieben werden. Bei einigen Textzeugen findet sich die erweiterte Fassung: durch Gebet und Fasten. Der Herr lehrt, daß ein Glaube wie ein Senfkorn Berge verrücken kann. Aber er verweist auf das Fundament dieses Glaubens: Gebet und Opfer. Wir kennen die Pläne Gottes mit einem Menschen nicht; wir wissen nur, daß er das Heil aller will. Vielleicht mangelt es uns an Beharrlichkeit. Wir dürfen niemanden für einen hoffnungslosen Fall in unserem Apostolat halten. »Gott ist immer derselbe. - Was nottut, sind glaubende Menschen: dann werden sich diese Wunder wieder ereignen, von denen wir in der Heiligen Schrift lesen.

>Ecce non est abbreviata manus Domini<. Der Arm Gottes, seine Macht, ist nicht kleiner geworden.«11

Jesus stellt jedoch die Bedingung, daß wir wirklich aus dem Glauben leben, um Berge zu versetzen: »Und es gibt so viel zu versetzen... in der ganzen Welt, aber zuerst in unserem eigenen Herzen. Wieviele Hindernisse für die Gnade Gottes! Glaube also: Glaube mit Werken, Glaube mit Opfern, Glaube mit Demut. Denn der Glaube verwandelt uns in allmächtige Geschöpfe: Alles, was ihr im Gebet gläubig erbittet, werdet ihr erhalten (Mt 21,22).«12

Der Glaube soll im Alltag Gestalt bekommen: Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach; sonst betrügt ihr euch selbst. Hindernisse, die sich dem Bemühen um Heiligkeit und dem Apostolat entgegenstellen, sind nichts weiter als vorübergehende Schwierigkeiten, die uns beharrlicher im Beten und Opfern machen.

Unsere Liebe Frau lehrt uns Glaube, Liebe und betende Beharrlichkeit. Sie ist das vollkommene Werkzeug Gottes, das sich ganz mit der empfangenen Aufgabe identifiziert. Sie macht sich die Pläne Gottes zu eigen und setzt alles - Verstand, Wille, Gefühl - ein. Ihr fiat gilt: von Nazaret bis zum Kreuz - und bis Pfingsten.

1 Mt 17,14-20. - 2 vgl. Mk 9,14-29. - 3 Johannes Paul II., Enz. Dives in misericordia, 2. - 4 J. Dillersberger, Markus, Salzburg 1937, S. 71. - 5 Johannes Paul II., Apost. Schreiben Catechesi tradendae, 16.10.1979, 9. - 6 J. Escrivá, Der Weg, Nr. 585. - 7 Joh 14,12-14. - 8 Katechismus der Katholischen Kirche, 2614. - 9 vgl. Joh 4,1-26. - 10 J. Kard. Ratzinger, Auf Christus schauen, Freiburg 1989, S. 37. - 11 J. Escrivá, Der Weg, Nr.586. - 12 J. Escrivá, Freunde Gottes, 203.

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