JAHRESKREIS
25. WOCHE - SAMSTAG
18
MITTLERIN
ALLER GNADEN
Die
Mittlerschaft Mariens in Christus.
Mütterlicher Charakter ihrer Mittlerschaft.
Vertrauen
als Antwort auf die Liebe der Mutter.
I. Die
Kirche weiß und lehrt mit dem heiligen Paulus, daß nur einer unser Mittler ist:
Einer ist
Gott, Einer auch Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus
Jesus, der sich als Lösegeld hingegeben hat für alle.
Dieser
macht uns zu einem Leib und verbindet uns zu einem Volk. Durch ihn erhalten wir
das von Gott kommende Leben, das sich in uns entfaltet und nach Mitteilung
drängt. In unserem einzigen Mittler Christus und durch ihn wird jeder zum
Vermittler des Heiles für andere Menschen: durch das fürbittende Gebet und durch
das apostolische Wirken.
Das
Mitwirken des Christen am Heilswerk Gottes gipfelt in der Gestalt Mariens. »Bei
Maria handelt es sich um eine spezielle und außerordentliche Mittlerschaft, die
auf ihrer >Gnadenfülle< beruht, die sich in eine volle Verfügbarkeit der >Magd
des Herrn< übertrug. Als Antwort auf diese innere Verfügbarkeit seiner Mutter
bereitete Jesus Christus sie immer tiefer vor, den Menschen >Mutter in der
Ordnung der Gnade< zu werden.«2
Maria hat
ihr ganzes Leben lang in einzigartiger Weise am Werk ihres Sohnes mitgewirkt,
von der Verkündigung bis unter dem Kreuz. Deshalb spricht die Kirche von einer
Mittlerschaft Mariens, die »Mittlerschaft in Christus«3 ist. Das Zweite
Vatikanische Konzil lehrt: »Marias mütterliche Aufgabe gegenüber den Menschen
aber verdunkelt oder mindert diese einzige Mittlerschaft Christi in keiner
Weise, sondern zeigt ihre Wirkkraft. Jeglicher heilsame Einfluß der seligen
Jungfrau auf die Menschen kommt nämlich nicht aus irgendeiner sachlichen
Notwendigkeit, sondern aus dem Wohlgefallen Gottes und fließt aus dem Überfluß
der Verdienste Christi, stützt sich auf seine Mittlerschaft, hängt von ihr
vollständig ab und schöpft aus ihr seine ganze Wirkkraft. Die unmittelbare
Vereinigung der Glaubenden mit Christus wird dadurch aber in keiner Weise
gehindert, sondern vielmehr gefördert.«4
Der
heilige Bernhard von Clairvaux schildert in poetisch-dramatischer Form die
Erwartung der Menschheit im Augenblick der Verkündigung: »Es erwartet deine
Antwort der Engel (...), es warten auch wir (...), sobald du zustimmst, sind wir
frei; die ganze Welt, vor dir auf die Knie geworfen, wartet (...), von deinem
Wort hängt alles ab, das Heil des ganzen Menschengeschlechtes.« Der heilige
Thomas von Aquin bringt diesen Gedanken in eine nüchterne, theologisch präzise
Form, wenn er schreibt, die Ankündigung des Engels sollte »zeigen, daß (die
Menschwerdung) eine Art geistiger Vermählung zwischen dem Sohne Gottes und der
menschlichen Natur wäre; und demgemäß wurde durch die Verkündigung an Stelle der
ganzen menschlichen Natur das Jawort der Jungfrau erwartet.«5
II. Die
Mittlerschaft Mariens ist eng mit ihrer Mutterschaft verbunden. Sie ist die
»neue Eva« wie sie der Philosoph und Märtyrer Justin um die Mitte des 2.
Jahrhunderts nennt6. »Kraft ihres Glaubens, ihres Gehorsams und ihrer Hingabe,
die in der Empfängnis und Geburt des menschgewordenen Gottes ihre Erfüllung
findet, (wird sie) Dienerin des Heils, aber im gewissen Sinne auch Mitwirkerin
des Heils, das bereits in der erlösenden Menschwerdung am Werke ist.«7
Die
Mutterschaft Mariens uns gegenüber wird durch ihr Stehen unter dem Kreuz
gleichsam vollendet. Dort verwirklicht sich das durch den greisen Simeon
vorausverkündete Leiden, das sie jetzt als ein Leiden mit dem Sohn und unter dem
Sohn erkennt. Dort fallen die Worte:
Frau, siehe, dein Sohn!
und: Siehe,
deine Mutter!8
Das betende Betrachten der Unterordnung Mariens unter den Sohn ist für das
geistliche Leben sehr fruchtbar. Denn wir erkennen sie als eine aktiv
Empfangende, offen für die Annahme der Sühne Christi, die durch ihre
einzigartige Begnadung einmalig und unnachahmlich, für uns jedoch vorbildlich
ist. »Das führt zu der Erklärung, daß Maria am Erlösungswerk in einer direkten
und unmittelbaren, aber doch nur rezeptiven Mitwirkung beteiligt war, indem sie
das von Christus verdiente Leben für die Menschheit annahm und es den Menschen
geistig-moralisch vermittelte.«9
Nach der
Auferstehung finden wir in Erwartung des Heiligen Geistes Maria als Mitte unter
den betenden Jüngern. Auch hier wird sie »zum Bild, ja sogar zum Urbild der das
Heil empfangenden und an die Menschheit vermittelnden Kirche, aber auch zum
Urbild aller heilsempfangenden Menschen.«10
Der
ausgeprägt mütterliche Charakter der Mittlerschaft Mariens setzt sich über ihr
irdisches Leben hinaus fort: »In den Himmel aufgenommen, hat sie diesen
heilbringenden Auftrag nicht aufgegeben, sondern fährt durch ihre vielfältige
Fürbitte fort, uns die Gaben des ewigen Heils zu erwirken. In ihrer mütterlichen
Liebe trägt sie Sorge für die Brüder ihres Sohnes, die noch auf der Pilgerschaft
sind und in Gefahren und Bedrängnissen weilen, bis sie zu der seligen Heimat
gelangen. Deshalb wird die selige Jungfrau in der Kirche unter dem Titel der
Fürsprecherin, der Helferin, des Beistandes und der Mittlerin angerufen.«11
III.
»Erhöht zur Herrlichkeit des Himmels, begleitet sie die pilgernde Kirche mit
mütterlicher Liebe und lenkt ihre Schritte zur ewigen Heimat«12, heißt es in der
Präfation der Votivinesse zur »Consolatrix Afflictorum«»Sie, die »Mutter der
Kirche« ist Mutter eines jeden einzelnen. Die Verehrung Mariens beginnt bei
Christus. Deshalb hat das Leben der Jünger Christi eine marianische Dimension.
»Die Mutterschaft Mariens, die zum Erbe des Menschen wird, ist ein Geschenk, das
Christus persönlich jedem Menschen macht. Wie der Erlöser Maria dem Johannes
anvertraut, so vertraut er gleichzeitig den Johannes Maria an. Zu Füßen des
Kreuzes hat jene besondere vertrauensvolle Hingabe des Menschen an die Mutter
Christi ihren Anfang, die dann in der Geschichte der Kirche auf verschiedene
Weise vollzogen und zum Ausdruck gebracht worden ist (...). Dies alles kann man
in dem Wort >Vertrauen< zusammenfassen. Vertrauen ist die Antwort auf die Liebe
einer Person und im besonderen auf die Liebe der Mutter.«13
Das
Vertrauen äußert sich in den vielen Mariengebeten, angefangen bei kurzen
Stoßgebeten wie »Maria, hilf« bis hin zum »Salve Regina« oder zum »Memorare« das
dem heiligen Bernhard zugeschrieben wird: »Gedenke, gütigste Jungfrau Maria, man
hat es noch niemals gehört, daß jemand, der zu dir seine Zuflucht nahm, deine
Hilfe anrief, um deine Fürsprache flehte, von dir verlassen worden sei. Von
solchem Vertrauen beseelt, nehme ich meine Zuflucht zu dir, Mutter, Jungfrau der
Jungfrauen. Zu dir komme ich, vor dir stehe ich seufzend als Sünder. Mutter des
ewigen Wortes, verschmähe nicht meine Worte, sondern höre mich gnädig an und
erhöre mich.«14
In der
Lauretanischen Litanei preisen wir sie als »Heil der Kranken, Zuflucht der
Sünder, Trösterin der Betrübten, Helferin der Christen« Vor allem im Ave Maria
erneuern wir Liebe und Vertrauen, indem wir die Worte des Engels und die
Lobpreisung Elisabets, die die Rolle Mariens in der Heilsgeschichte betonen, mit
der ganz persönlichen Bitte um das Entscheidende verbinden: um Gottes Gnade
»jetzt und in der Stunde unseres Todes« Wir bitten um die Gnade für den
jeweiligen Augenblick und um die Gnade der Beharrlichkeit.»Bald beginnt der
Oktober, der Rosenkranzmonat. Das Rosenkranzgebet bringt uns in enge Verbindung
mit dem Leben, dem Leiden und der Herrlichkeit Jesu, und es zeigt uns die
Stellung, die Maria im Heilswerk hat. Indem der Rosenkranz uns anhält, dies zu
betrachten, deutet er unser Leben und hebt es in das Licht das Glaubens. Beim
Beten des Rosenkranzes können wir all unsere Anliegen - große wie kleine - Maria
vortragen im Vertrauen darauf, daß sie uns erhört.
2,56. -
Johannes Paul II., Enz.
Redemptoris Mater,
39. -
ebd., 38. -
II.Vat.Konz., Konst.
Lumen
gentium,
60. -
Thomas von Aquin,
Summa
Theologica,
III,q.30,a.1. -
Justin,
Dialog
mit dem Juden Tryphon.
-
7
L.Scheffczyk,
Maria im
Glauben der Kirche,
Wien 1980, S.8. -
19,26-27.
L.Scheffczyk,
Maria im
Glauben der Kirche,
Wien 1980, S.59. -
ebd. -
II.Vat.Konz., Konst.
Lumen
gentium,
62. -
Präfation der Votivmesse zur
Consolatrix Afflictorum.
-
Johannes Paul II., Enz.
Redemptoris Mater,
45. -
Gebet
.