OSTERZEIT
7. WOCHE - FREITAG
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DIE
FRÜCHTE DES HEILIGEN GEISTES
Liebe,
Freude, Frieden.
Geduld und Langmut.
Andere Früchte.
I. In
Mitteleuropa fällt das Pfingstfest in die Frühlingszeit. Die Natur scheint nun
alles abzulegen, was sie uns sonst unheimlich macht. Während wir zu Pfingsten
den Heiligen Geist anrufen, »der Herr ist und lebendig macht= 1, bietet die
Natur uns Zeichen des Lebens und Wachsens - Blüten, die zu reifer Frucht werden
sollen. Bitten wir darum den Heiligen Geist, daß wir in ihm erkennen, was recht
ist, und allzeit seinen Trost und seine Hilfe erfahren2.Der
Schöpfer
Geist
schafft Leben, göttliches Leben, in uns. Wir könnten von den Blüten des Heiligen
Geistes sprechen, die zu dem werden, was wir nach der klassischen Ausdrucksweise
des Apostels Paulus im Brief an die Galater
nennen:
Die
Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte,
Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung.4
Wer sich
den Eingebungen des Heiligen Geistes öffnet, wird zum Baum voller Früchte,
einladend und wohlschmeckend:
Mein
Vater wird dadurch verherrlicht, daß ihr reiche Frucht bringt,
sagte der Herr beim Letzten Abendmahl.
Die
Blüten, die der Heilige Geist in der Seele sprießen läßt, sind so zahlreich wie
die Blüten auf den Wiesen in diesen Frühlingstagen. Die schönste und wichtigste
unter ihnen ist die Liebe, die
,
die uns mit Gott verbindet. Sie läßt uns die Nähe Gottes erfahren und uns die
Last der anderen mittragen. Thomas von Aquin sagt, sie sei »die erste Regung und
die Wurzel aller Regungen. Darum steht unter den Früchten des Heiligen Geistes
zuerst die Gottesliebe, in welcher der Heilige Geist in besonderer Weise wie in
Seinem eigenen Abbild gegeben wird, da Er selbst auch Liebe ist. (...) Auf die
Gottesliebe folgt aber mit Notwendigkeit Freude, denn jeder Liebende freut sich
über die Verbindung mit dem Geliebten.= 6 Deswegen ist die Freude - erprobt in
Leid und Mißerfolg - ein unterscheidendes Merkmal des Christlichen.Die Liebe und
die Freude schenken den Frieden Gottes,
der alles
Verstehen übersteigt.
Dieser Frieden ist nach Augustinus »die Ruhe in der Ordnung«8. Auch aus
Unordnung kann zeitweise eine Art Frieden entstehen - freilich nur ein
äußerlicher Frieden ohne Verankerung in der Seele, erkauft durch Wegsehen und
Nachlässigkeit -, etwa wenn Eltern den Launen der Kinder unter dem Vorwand der
häuslichen Harmo= 8. Auch aus Unordnung kann zeitweise eine Art Frieden
entstehen - freilich nur ein äußerlicher Frieden ohne Verankerung in der Seele,
erkauft durch Wegsehen und Nachlässigkeit -, etwa wenn Eltern den Launen der
Kinder unter dem Vorwand der häuslichen Harmnie immer nachzugeben geneigt sind.
Der Frieden als Frucht des Heiligen Geistes ist innerer Einklang mit sich selbst
und ruhiger Besitz des Guten. Dies aber schließt die Bereitschaft ein, alles,
was diesen Frieden stören könnte - die Macht des Bösen in uns - zu bekämpfen.
II. Die
Fülle der Liebe, der Freude und des Friedens werden wir erst im Himmel vollendet
genießen. Hier, in diesem »Tal der Tränen«9, wird sie uns ahnungsweise und in
dem Maße geschenkt, wie wir uns um Treue bemühen. Einer Seele, die sich in den
tausend Schwierigkeiten des Lebens unverzagt vom Geist leiten läßt, wird die
Frucht der Geduld zuteil. Sie bewirkt eine stille Unerschütterlichkeit im
Ertragen körperlicher und seelischer Leiden. Liebe und Geduld bedingen und
stützen einander. Der heilige Cyprian schreibt um die Mitte des 3. Jahrhunderts,
als der Ketzer-Taufstreit die Gemüter der Christen erregte: »Laßt uns an der
Geduld, durch die wir in Christus bleiben und mit Christus zusammen zu Gott
gelangen können, mit aller Gewissenhaftigkeit festhalten. Reich und vielseitig,
wie sie ist, ist sie nicht in enge Grenzen eingeschlossen oder auf ein kleines
Gebiet beschränkt. (...) Sie ist es, die den Zorn mäßigt, die Zunge im Zaum
hält, den Sinn leitet, den Frieden hütet, die Zucht lenkt, die das Ungestüm der
Begierde bricht, die Gewalt des Stolzes unterdrückt, den Brand der Feindschaft
löscht. (...) Sie überwindet die Versuchungen, sie erträgt die Verfolgungen, sie
führt das Leiden und das Martyrium zur Vollendung. Sie ist es, die die Grundlage
unseres Glaubens unerschütterlich befestigt, sie ist es, die das Wachstum
unserer Hoffnung gewaltig fördert. Sie leitet unser Tun und Lassen, daß wir
imstande sind, den Weg Christi einzuhalten, indem wir in seiner Geduld wandeln.
Sie bewirkt, daß wir Gottes Kinder bleiben, indem wir die Geduld des Vaters
nachahmen.«10
Als
Christen erkennen wir in den Prüfungen des Lebens das göttliche Walten, das sich
des Leidens bedient, um uns zu läutern. Nicht angesichts von Widerwärtigkeiten,
von Verfehlungen unseres Nächsten oder von Verleumdungen - nicht einmal
angesichts vermeintlicher Mißerfolge im geistlichen Leben - verlieren wir den
Frieden.
Die
Langmut ist - wie die Geduld - Frucht der Gabe der Stärke. Die Geduld erträgt
das Böse, die Langmut bewährt sich, wenn der gute Ausgang einer Sache lange, ja
vielleicht sehr lange auf sich warten läßt. Sie ist die Fähigkeit, klaglos und
ohne Bitternis warten zu können, wenn das Erreichen unserer apostolischen oder
geistlichen Ziele sich hinauszögert. Diese Frucht des Heiligen Geistes gibt der
Seele die Gewißheit, daß sie ihr Ziel - wenn sie die Mittel anwendet, kämpfend
und immer wieder beginnend - trotz Schwierigkeiten, trotz eigener Fehler und
Sünden erreichen wird.
Der
Langmütige steckt sich in seinem apostolischen Wirken hohe Ziele - nach dem Maße
Gottes und im Bewußtsein, daß die Ergebnisse unter Umständen erst sehr spät
sichtbar werden. Er setzt beharrlich alle natürlichen und übernatürlichen Mittel
ein. »Der Glaube ist eine unerläßliche Voraussetzung für das Apostolat. Er
erweist sich oft darin, mit Ausdauer von Gott zu sprechen, auch wenn die Früchte
lange auf sich warten lassen.
Wenn wir
durchhalten und unsere Sendung in uns lebendig bleibt in der sicheren
Überzeugung, daß der Herr es so will, dann wird man nach und nach überall, auch
in deiner Umgebung, die Anzeichen einer >christlichen Revolution< wahrnehmen.
Die einen werden sich Gott ganz hingeben, die anderen ihr inneres Leben ernst
nehmen und wieder andere - die etwas Bequemeren - zumindest wachsamer werden.«11
Der Herr
rechnet mit unserem beharrlichen apostolischen Bemühen, Tag für Tag. Es mag
sein, daß der Freund, den wir Gott näher bringen möchten, nicht zu reagieren
scheint - aber auch dann dürfen wir uns das Wort des Propheten zu eigen machen:
Meine
Auserwählten (...) arbeiten nicht mehr vergebens.
III. Nach
den Früchten, die sich auf den Umgang mit Gott und auf die eigene Heiligung
beziehen, erwähnt der heilige Paulus andere, die mehr auf das Wohl des Nächsten
zielen:
Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung.
Oder im Brief an die Kolosser:
Güte,
Demut, Milde, Geduld.13
Die Güte
besteht in einer ständigen Bereitschaft des Willens, sich allen zu öffnen: wir
wünschen Freunden und Feinden, Fremden und Bekannten die Fülle göttlicher
Wohltaten. Von der Gottesliebe erfaßt, kennt die Seele keine Eifersucht und
keinen Neid. Sie sieht in den anderen Kinder Gottes, alle gleich liebenswert,
weil alle mit dem Blut Christi erkauft wurden.
Jedoch
genügt es nicht, nur theoretisch das Wohl anderer zu wünschen. Wahre Liebe
drängt zu Taten, denn sie ist menschenfreundlich. Freundlichkeit ist die
Geneigtheit des Herzens, den anderen ohne Ansehen der Person leiblich und
geistig mit Werken der Barmherzigkeit Gutes zu tun. In unserem Leben zeigt sie
sich in den vielen kleinen Aufmerksamkeiten gegenüber jenen, die um uns sind.
Die Freundlichkeit bringt Friedensbereitschaft, liebenswürdigen Umgang und den
Willen, zu vergeben, mit sich.
Die
Sanftmut ist eng verbunden mit der Güte und der Freundlichkeit, sie besteht im
»gleichmütigen Ertragen der von den Mitmenschen zugefügten Übel« und »hält die
Zornesregungen in Schranken«14. Die Seele, die diese Frucht besitzt, wird weder
ungeduldig noch nachtragend gegenüber Beleidigungen reagieren. Sie sieht
vielmehr darin eine Gelegenheit zur Läuterung.
Der
Sanftmut folgt die Treue. In ihr sind alle Früchte gebündelt, die sich auf
unseren Nächsten beziehen. Treu ist ein Mensch, der seine Pflichten, auch die
kleinen, sorgfältig erfüllt. Er ist zuverläßig und beständig.
Ein
treuer Freund ist wie ein festes Zelt; wer einen solchen findet, hat einen
Schatz gefunden. Für einen treuen Freund gibt es keinen Preis, nichts wiegt
seinen Wert auf.15
Die
Selbstbeherrschung, von der der Apostel spricht, meint Bescheidenheit. Der
Bescheidene schätzt sich selbst und die jeweilige Situation wirklichkeitsgerecht
ein; das zeigt sich in seiner Art zu sprechen, sich zu kleiden, sich zu geben.
Er verbirgt die Talente nicht, die Gott ihm geschenkt hat, sieht sie aber als
Gabe und bewertet sie sachlich, ohne sie aus Eitelkeit zu vergrößern oder aus
Kleinmut zu vermindern. Bescheidenheit macht anziehend, weil sie Einfachheit und
innere Ordnung widerspiegelt.
Im
Gefolge der Selbstbeherrschung vermitteln Enthaltsamkeit und Keuschheit eine Art
instinktives Gespür dafür, was der Reinheit von Seele und Leib schaden könnte.
So wird die Seele weit für die Dinge Gottes. Wenn man die Gelegenheit meidet und
entschieden kämpft, im Wissen, daß uns die göttliche Gnade niemals fehlt, können
ihnen selbst starke Versuchungen nichts anhaben.
Am Ende
unseres Gebetes wenden wir uns an die Mutter Gottes. Die Kirche bezieht auf sie
die Worte der Schrift:
Ich bin
die Mutter der schönen Liebe, der Furcht, der Erkenntnis und der heiligen
Hoffnung. Kommt zu mir, die ihr mich begehrt und sättigt euch an meinen
Früchten!16
.
-
Gebet zum
Heiligen Geist.
-
Hymnus
Veni
Creator Spiritus.
-
5,22-23. -
15,8. -
Thomas von Aquin,
Summa
Theologica,
I-II,70,3. -
4,7. -
Augustinus,
Gottesstaat,
19,13,1. -
vgl.
Salve
Regina.
-
Cyprian von Karthago,
Vom Segen
der Geduld,
20. -
J.Escrivá,
Die Spur
des Sämanns,
Nr.207. -
65,22-23. -
3,12-13. -
Thomas von Aquin, a.a.O., I-II,70,3. -
6,14-15. -
24,24-27 (Vg).